Wenn der Begriff “radioaktive Strahlung” fällt, denken die meisten Menschen an Unfälle in Kernkraftwerken wie 1986 in Tschernobyl und 2011 in Fukushima. Oder es passieren Filmsequenzen über die Atombombe Hiroshima das geistige Auge. Dabei wird vergessen, dass die Erde andauernd durch das Edelgas Radon radioaktive Strahlung produziert.
Das im Boden und im Gestein gebundene Mineral Uran ist über den ganzen Globus verteilt. Bei seinem Zerfall wird Radon freigesetzt, das an die Erdoberfläche emittiert. Im Freien verflüchtigt sich das Gas rasch. Wenn es sich in schlecht belüfteten Räumen konzentriert, kann es Lungenkrebs auslösen. Heute gilt das Edelgas nach dem Rauchen als der zweitgrößte Auslöser der Krankheit. Deshalb hat das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) alle Bundesländer verpflichtet, bis Anfang Januar 2021 für ihre gefährdeten Regionen Radonvorsorgegebiete auszuweisen. Dort werden zukünftig besondere Baumaßnahmen verpflichtend sein.
Was ist Radon?
Radon entsteht in der Erdkruste. Diese enthält seit ihrer Bildung vor Milliarden von Jahren radioaktive Stoffe, unter anderem das in verschiedenen Gesteinen gebundene Uran-238, welches für seine radioaktive Strahlung bekannt ist. Beim Zerfall des Atomkerns wird das radioaktive Edelgas Radon (222Rn) freigesetzt. Radon verbindet sich nicht mit anderen Stoffen. Es ist hochmobil und schlecht zu filtern.
Die Problematik verschärft sich durch die Tatsache, dass Radon geschmacks- und geruchsneutral ist. Zudem ist es unsichtbar. Deshalb wird es nicht bemerkt, wenn es in Innenräumen von Gebäuden zu hohen Konzentrationen kumuliert.
Mit Messungen Klarheit schaffen
Das BfS rät deshalb, Messungen durchzuführen. Hausbesitzer und Hausverwaltungen können kostengünstig zugelassene Messlabore beauftragen, die auf der Webseite des Amtes gelistet sind. Die Messungen an sich sind simpler Natur und werden mit sogenannten Exposimetern, wie sie hier dargestellt werden, ausgeführt. Die Exposimeter werden im Keller und in frequentierten Räumen wie Wohnzimmer, Küche, Schlaf- und Kinderzimmer aufgestellt und sollten dort über 12 Monate verbleiben.
Damit wird gewährleistet, dass sie die Messwerte in allen Jahreszeiten unter jeden Klimaverhältnissen aufzeichnen. Die Ergebnisse werden vom Labor ausgewertet und dem Eigentümer der Immobilie mitgeteilt. Das BfS hat Grenzwerte eingeführt. Sollte der Mittelwert 300 Becquerel/m³ überschreiten, muss der Besitzer des Gebäudes aktiv werden und bauliche Schutzmaßnahmen ergreifen, wie sie weiter unten angeführt werden.
Radon und sein Gefahrenpotenzial
Radon dringt über die erdberührende Bausubstanz eines Gebäudes ins Hausinnere ein. Es sucht sich seinen Weg über undichte Bodenplatten im Fundament und über Risse, Fugen und Spalten im Mauerwerk. Zudem gelten Kabelschächte und Leitungssysteme als bevorzugte Einfallstore. In schlecht belüfteten Räumen, bevorzugt im Keller und Erdgeschoss, kann es dann zu gefährlichen Konzentrationen kommen.
Das Radon gelangt unbemerkt mit der Atemluft in die Lungen der Bewohner. Dort zerfällt es weiter, wobei die ebenfalls radioaktiven Schwermetalle Bismut, Polonium und Blei zurückbleiben und sich im Atemtrakt und im Lungengewebe ablagern. Die radioaktive Alphastrahlung schädigt das Erbgut der Lungenzellen und begünstigt dadurch die Entstehung von Krebs. Der ursächliche Zusammenhang wurde schon vor Jahrzehnten bei Bergarbeitern erkannt, weshalb die Weltgesundheitsorganisation WHO Radon 1980 als krebserregenden Stoff für den Menschen eingestuft hat.
Bauliche Schutzmaßnahmen
2004 hat das BfS auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse und in Zusammenarbeit mit dem Bundesumweltministerium ein Konzept entwickelt und Schutzmaßnahmen aufgelistet. Dabei wird empfohlen, schon ab 100 bq/m³ tätig zu werden. Bindend werden die Regelungen aber erst ab einem Mittelwert von 300 bq/m³ für Arbeitsplätze. Dabei wird zwischen Neu- und Bestandsbauten unterschieden.
Neubauten
Der Radonschutz ist schon in der Projektphase zu berücksichtigen. Allgemein wird angenommen, dass ein professioneller Feuchteschutz ausreicht, um das Edelgas von den Innenräumen fernzuhalten.
Im Radonvorsorgegebiet können zusätzliche Maßnahmen wie die Verarbeitung wasserundurchlässigen Betons für die Bodenplatte oder die Nutzung spezieller Radonschutzfolien notwendig werden.
Altbauten
Regelmäßiges Stoßlüften mit einem schnellen Luftaustausch erneuert die Raumluft turnusmäßig. Der Einbau einer Lüftungsanlage ist ein nächster Schritt. Daneben ist es dienlich, Fugen, Risse und Leitungsaustritte im Keller zu versiegeln und die Türen in diesem Bereich abzudichten.
Zeigen diese Maßnahmen keine Wirkung, kann ein Fachmann beauftragt werden, der auch kleinste Aufschlüsse findet und verschließt. Ein probates Mittel ist die Absaugung der Luft neben und unter dem Gebäude. Der Erfolg der jeweiligen Maßnahme sollte dann mit einer weiteren Messung kontrolliert werden.